Dienstag, 9. Juni 2020
Normalerweise gehört es zu meinem Arbeitsbereich, Menschen zu helfen, die in Krisensituationen stecken, sich im Kreis drehen oder Unterstützung von außerhalb brauchen. Letztes Jahr hat es mich erwischt. Denn mein Sohn, zum damaligen Zeitpunkt 14 Jahre alt, teilte mir mit, dass er nun noch gerne ein paar Jahre bei seinem Vater leben möchte. In dem Moment hatte ich das Gefühl, mein Herz bleibt stehen! Es war so unreal, und ich wünschte mir, dass es ein Traum ist. “Das kann er doch nicht einfach machen, mein einziges Kind.”
Meine Welt war im Begriff unterzugehen und ich dachte, ich komme da nie wieder raus. Das Gedankenkarussel war in Fahrt:
Die ersten Wochen waren eine Katastrophe. Ich bin in den Edeka zum Einkaufen und habe seinen Lieblingspudding gesehen und mir liefen die Tränen. Und auch heute ist es mir oft schwer ums Herz. Ich habe bei jeder Kleinigkeit angefangen zu weinen, ich hatte völlig die Macht über meine Gefühlslage verloren.
Glücklicherweise wurde es besser, wenn mir die Tränen liefen, also ließ ich sie laufen. Kurzum: Meinen Gefühlen seinen Lauf lassen, war mir eine große Hilfe! Denn ich darf trauern in einem vorzeitigen Prozess des Loslassens.
Ich bin mir dessen bewusst gewesen, dass dieser Tag kommt. Bei dem einen was früher, bei den anderen eben später, je nach schulischer und beruflicher Laufbahn. Ja, es hat mich eiskalt erwischt und was es erschwert, sind die 500 km zwischen uns. Denn vor ca. 4 Jahren sind mein Sohn, mein Mann und ich nach Südbaden an die Schweizer Grenze gezogen.
Nachdem ich sicher war, dass ich es nicht überlebe, kann ich euch heute mitteilen, dass ich es noch tue 🙂 Allerdings mit vielen Gefühlsschwankungen, denn es ist und bleibt mein KIND und es tut weh, in nicht mehr in meiner Nähe zu haben. Ob er nun 5 Jahre, 15 Jahre oder 30 Jahre etc. ist. Und ich denke, das geht allen Mamas so, oder?
Die ersten Wochen waren für mich sehr hart. Immer wieder an seinem Zimmer vorbei und keiner da. Der Schulbus voll mit Kindern, nur meiner nicht dabei. Auf einmal ist eine andere Frau für meinen Sohn die weibliche Bezugsperson. Der Vater, der seit dem 5. Lebensjahr nur “eine alle 2 Wochen Papa-Rolle” kennt. Schlichtweg – ich bin da jetzt draußen, nicht mehr Bezugsperson, einfach nicht mehr die Person, die ich vorher war.
Auch wenn ich weiß, dass es meinem Sohn bei seinem Vater gut gehen wird, wissen wir zu gut, dass die Menschen, die wir einmal geliebt haben, nach der Trennung nicht mehr die Menschen sind, die wir in der Beziehung erlebt haben.
Tatsächlich war meine größte Sorge, dass ich meinen Sohn verliere, die Bindung, die ich mit ihm hatte, verloren geht. Am Anfang stand ich mir oft selber im Weg und habe mich sehr bemitleidet.
Ich fühle mich heute gut und vermisse meinen Sohn. Das ist okay, ich bin auch traurig, wenn ich ihn wieder verabschiede, wenn wir skypen und ich dann auflege, wenn ich andere Mütter mit ihren Jungs sehe, ich denke ihr wisst was ich meine. Allerdings hat es mir auch gezeigt, dass LOSLASSEN in all unseren Lebensbereichen eine Bereicherung ist. Vielleicht nicht direkt fühlbar und sichtbar.
Mir hat es gezeigt, dass ich seine Mutter bin. Egal, wo er lebt, egal mit wem er lebt. Punkt!!!!!
Der ein oder andere wird sich nun sicherlicht denken, ja ist doch klar. In dieser Situation war für mich gar nichts klar. Wir sind in Verbindung.
Skypen und schreiben, er lässt mich an seinem Leben teilhaben, und ich habe mich befreit von meinem Anteil des Besitzens, den wir oft nicht wahrnehmen, denn sind wir ehrlich, wir möchten unseren Kindern ja schon irgendwie vorgeben, wie sie zu leben haben!
Ich lerne nie aus, es gibt immer wieder was Neues über sich zu erfahren, und das ist gut so. Eine lebenslange Entwicklung. Entwicklung kann schmerzhaft sein, meistens jedoch, weil wir in Erwartungen und erzogenen Mustern leben!
Und so was kann sich auch nicht von jetzt auf gleich in Luft auflösen.
Gibt es unter euch auch Mütter/Väter, die Loslassen mussten? Wie habt ihr es überstanden? Was hat euch geholfen?
Eure Marion ♥
Heilpraktiker gehören nicht zu den zugelassenen Leistungserbringern in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Manche Krankenkassen übernehmen jedoch unter bestimmten Voraussetzung Behandlungskosten als freiwillige Satzungsleistung. Bitte erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse.
Liebe Marion .
Ich kann dich gut verstehen. Als Michael damals nach Bayern gezogen ist
habe ich mich auch so gefühlt .
Aber Abstand bringt Nähe .
Inzwischen lebt er wieder bei uns. Die beiden Mädchen in Lenggries bei
der Mutter , 600 km weit weg .
Liebe Grüße und alles Gute
Hiltrud Elsenbruch